Diese Bergtour gehört zu den schönsten der Allgäuer Bergwelt und ist ein Klassiker schlechthin. Auf dieser Bergtour tauchen wir in die wunderschöne und einmalige Allgäuer Bergwelt ein. Auf Höhenwegen durchwandern wir liebliche Alpwiesen, schroffe Felstürme und können manche Gipfel am Wege erobern. Eingebettet in diese wunderschöne Gebirgslandschaft sind Hochgebirgsseen, urige Berghütten und mit viel Glück können wir Murmeltiere, Gemse, Steinadler und Steinböcke beobachten.
Vom Tannheimer- Tal zur Landsberger- Hütte
Am Morgen, als ich aus dem Fenster sah, der Himmel war mit schwarzen Regenwolken bedeckt und es regnete in Strömen. Nach dem Frühstück nahm ich den ersten Bus ins Tannheimer- Tal, einer der schönsten Hochtäler Europas. Dort angekommen, setzte ein sinnflutartiger Regen ein und der Wind nahm weiterhin an Stärke zu und ich machte mich sofort auf den Weiterweg. Am Vilsalpsee angekommen machte ich es mir im Gasthof bei einem Espresso gemütlich und wartete die weitere Wetterlage ab. Der 1200 Meter hochgelegene, tiefblaue See gehört zum gleichnamigen Naturschutzgebiet und ist von einer beeindruckenden, malerischen Kulisse umgeben. An seinem südlichen Ufer ragen kühne, steile Kalkwände empor und am östlichen Ufer ist er von steilen, lieblichen, blumenreichen Wiesenhängen umgeben.
Besseres Wetter war nicht in Sicht und Petrus hatte auch keine Lust oder Laune die düstere Wolkendecke zu öffnen und mir einige wärmende Sonnenstrahlen zu schenken. Mit dieser unwiederbringlichen Einsicht setzte ich meinen Aufstieg zur Landsberger Hütte weiter fort. Der zweite Tag begann mit einem heftigen Dauerregen und es sollte noch schlimmer kommen. Der Wetterbericht verkündete starke Niederschläge für den ganzen Tag, was mich Zwang. einen weiteren Tag auf der Hütte zu verbringen.
Von der Landsberger- Hütte über den Jubiläumsweg zum Prinz-Luitpold-Haus
An diesem Morgen stand ich sehr früh auf, bei Sonnenaufgang, um einige Fotos von den umliegenden Berggipfeln zu machen. Das Spiel aus Licht und Schatten im Dunst der Morgendämmerung, die zarten, filigranen Umrisse der Gipfel und Bergkämme im Licht der aufgehenden Sonne, der erwachende Tag, das sind immer wieder schöne und stimmungsvolle Erlebnisse. Es ist diese eigenartige, diffuse Helligkeit, dieses gleißende Sonnenlicht das den Bergen etwas geheimnisvolles gibt. Das sind jene Momente wo man sich wünscht, dass die Zeit stehen bleibt, um diesen einzigartigen Augenblick festzuhalten. Von der Hütte folgte ich dem markierten Steig über schöne , grüne Matten an der Rote Spitze vorbei und durch Geröll hinauf zum westlichen Lachenjoch und weiter zum westlichen Rücken der Steinkarspitze zum Kastenjoch.
Der Weiterweg führte mich über Serpentinen hinauf zur Lahnerscharte, hier traf ich auf den Jubiläumsweg. Von hier wanderte ich teils in einem Auf und Ab durch die Hänge der Lahner- und Schänzlespitze hinauf zum östlich Rücken des Schänzlekopfes. Während der ganzen Zeit konnte ich immer wieder Gemse beobachten, die sich mir manchmal einzeln oder in der Gruppe zeigten, ein wunderschönes Erlebnis. Nun ging es über Geröllbänder und in Kehren hinauf zur Bockkartscharte und durch steile Grasflanken abwärts zum Prinz-Luitpold-Haus. Für diese Tagesetappe benötigte ich 4 Stunden und so beschloss ich noch den Hochvogel zu besteigen, da ich bereits schon einen Tag in Verzug war. Er ist wohl der schönste, kompakteste und markanteste Berg der Allgäuer Alpen und wer ihn einmal gesehen hat wird seine Form nie vergessen.
Er ist ein Berg mit einem eigenen Charakter wie wir Bergsteiger sagen. Auf dem Gipfelweg vom Prinz-Luitpold-Haus macht er sich zunächst sehr rar. Erst nach einiger Zeit setzt er sich Stück für Stück in Szene und zeigt sich in seiner majestätischen Gestalt. Bei sehr guten Wetterverhältnissen hat man von dieser Pyramide einen Blick bis zum Karwendel, den Stubaier-, Zillertaler- und Ötztaler Alpen, bis hin zum Ortler und den Berner Alpen. Die Besteigung des Hochvogels gehört zu den schönsten und beeindruckenden Touren in den Allgäuer Alpen. Wie sagte Felix Simon: „Wer nicht selbst einmal das Gipfelglück gekostet hat, an den kann man noch so viele Worte verschwenden, - er wird’s nie ganz verstehen.“ Von der Hütte stieg ich auf markierten Steig in südöstlicher Richtung auf, durch ein weites Kar zu einer Felsstufe mit Wegweiser.
Dem Wegweiser „Hochvogel“ folge ich und querte einen steilen Hang unterhalb der Balkenscharte und erreichte diese über steile Kehren. Nun folgte ich dem Weg rechts zu einem kleinem Felssteig am Ausläufer der Kreuzspitz-Nordflanke. Es folgte eine kurze Felspassage (I) am Sättle, von da aus querte ich über Schutthalden zum Altschneefeld des Kalten Winkel und erreichte die Kaltwinkelscharte. Hier hängt ein Fixseil, als Steighilfe, dass man über das 30 Grad steile Altschneefeld benutzen kann. Rechts von der Kaltwinkelscharte beginnt der Aufstieg zur Kreuzspitze. Ich folgte dem Weg links über einige Platten und einer Felsstufe zur „Schnur“ einem horizontal verlaufenden Band, auf diesem umging ich rechts die Westschulter des Hochvogels. Anschließend folgte ich den Markierungen in der Westflanke über brüchige Bänder (I) und gelangte über einen Grat zum Gipfel.
Nun stand ich endlich nach einem anstrengenden Aufstieg auf dem Gipfel des Hochvogels. Den Gipfel erreicht zu haben bedeutet für kurze Zeit am Ziel seiner Wünsche zu sein. Und der Lohn für all diese Mühen ist ein Gefühl der inneren Zufriedenheit und des Glücks. Blickt man vom Gipfel hinunter auf das Bewältigte, so bekommt man ein leicht erhebendes Gefühl über das Erreichte. Der Fernblick lässt alles vertraute und bekannte andersartig aussehen. Am Gipfel gewinnt man neue Erkenntnisse, entdeckt neue Strukturen und Zusammenhänge. Man nimmt sich selbst und die Umgebung anders wahr, intensiver, der Blick in die Ferne wirkt befreiend, der Kopf wird von Blockaden befreit und man kann tief durchatmen. Gipfeltouren sind und bleiben immer ganz besondere „Glanzlichter“ eines Bergsteigers.
Prinz-Luitpold-Haus – Edmund-Probst-Haus
Für die nächsten Tage war wieder sehr schlechtes Wetter gemeldet und ich musste umdisponieren. Die zwei schönsten und längsten Etappen dieser Durchquerung konnte ich leider nicht in Angriff nehmen. Wehmütig und enttäuscht, die Wetterkapriolen der letzten Tage machten es mir auch nicht leichter, stieg ich von der Hütte abwärts bis zur Abzweigung Himmelsecksattel und Laufbacher Eck. Von dort leitete mich der Weg durch steile Grasflanken, teils Geröll und über ein kleines Eisfeld zu einem Absatz. Von hier hatte ich einen herrlichen Blick hinüber zum Prinz-Luitpold-Haus. Etwas unterhalb des Weges lag die kleine Bergwachthütte. Von hier stieg ich über einen schmalen Geröllsteig und über teils sehr gut gestuften Weg zum Laufbacher Eck auf. Hier legte ich eine kleine Rast ein und genoss die einmalige Tief- und Weitblicke auf die Allgäuer Bergwelt, die sich mir wie eine Skyline darbot. Anschließend stieg ich durch die steilen Grasflanken abwärts zum gleichnamigen Höhenweg, einem sehr schönen Panoramaweg. Dieser führte teils eben und in einem leichten Auf und Ab bis zum Zeigersattel. Von dort waren es nur wenige Minuten bis zur Hütte.
Diese liegt in einer herrlichen Aussichtslage neben der Bergstation der Nebelhornbahn. Von hier hat man einen einmaligen Höfatsblick, dem wohl berühmtesten Grasberg der Allgäuer Alpen. Am nächsten Tag, der Wetterbericht hatte Recht behalten, tiefhängende, dichte Wolkenformationen aus denen sich das gehasste Nass, der vergangenen Tage, auf die Allgäuer Bergwelt ergoss. Mit der ersten Gondelfahrt nahm ich Abschied von einer faszinierenden Bergwelt. Ein Abschied ist aber auch immer die Geburt einer Erinnerung, so sagt man. Die Bilder, Sinneseindrücke und Erlebnisse auf dieser Tour haben sich tief in mein Gedächtnis geschrieben. Diese Berge haben mich wieder einmal in ihren Bann gezogen. Den vielen wunderschönen Erlebnissen – werden hoffentlich noch viele weitere folgen. Ich werde die gemütlichen Hüttenabende, die stimmungsvollen Sonnenauf- und Untergänge, die vielen guten Gespräche, die neu geknüpften Freundschaften, aber vor allem die Stille, Weite und Ruhe vermissen.
Schwierigkeitsgrad: schwer
Anreise: Auto/ Bahn und Bus
Ausgangspunkt/Endpunkt: Vilsalpsee-Oberstdorf
Anforderung: Schwindelfreiheit, Trittsicherheit, sehr gute Kondition
Gehzeiten Etappen:
Tannheimer Tal – Landsberger Hütte, Gehzeit 3 Stunden
Landsberger Hütte – Prinz-Luitpold-Haus, Gehzeit 5 - 6 Stunden
Prinz-Luitpold-Haus – Hochvogel, Gehzeit ca. 5 – 6 Stunden
Prinz-Luitpold-Haus – Kemptner Hütte, Gehzeit 8 - 9 Stunden
Kemptner Hütte – Rappensee Hütte, Gehzeit 5 – 6 Stunden
Karte: Kompass Wanderkarte 1:50 000, Allgäuer Alpen
